Doing Democracy – Kritische Medienbildung im digitalen Zeitalter mit Tarek Leitner
Klassische und neue Massenmedien nehmen in Demokratien zentrale Aufgaben wahr. Sie informieren Bürger:innen über das politische Geschehen, machen auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam und hinterfragen (politische) Entscheidungen. Damit tragen sie maßgeblich zur demokratischen Meinungsbildung bei. Während klassische Massenmedien, wie Rundfunk oder Zeitung, als vierte Macht im Staat auch eine Kontrollfunktion übernehmen, fördern Soziale Medien, wie TikTok oder Instagram, in einem beispiellosen Ausmaß die Teilhabe der Massen am öffentlichen Diskurs. Verbunden damit sind Fragen zu den Grenzen der Meinungsfreiheit, gleichzeitig sind sie ein Einfallstor für Fake News, Hate Speech und Manipulation. Das digitale Zeitalter fordert die Gesellschaft, insbesondere Kinder und Jugendliche, auf vielfältige Weise heraus.
„Der maßgebliche Einfluss der digitalen Transformation auf unsere Gesellschaft ist allgegenwärtig und unausweichlich. Besonders für Kinder und Jugendlichen stellt dies eine große Herausforderung dar, der wir gesellschaftlich, aber auch als Hochschule und mit unseren Praxisschulen, gemeinsam begegnen müssen. Unsere „Doing-Democracy“-Reihe, die mit dieser Auftakt-Veranstaltung ihren Anfang nahm, soll einen starken Beitrag zur Bewusstseinsbildung leisten, insbesondere mit Blick auf unsere Verantwortung, eine liberale Demokratie für ihre Zukunft zu sichern“, so Regine Mathies, Rektorin der PH Tirol.
Plädoyer für unabhängige Medien und kritische Medienbildung in der Schule
Aus diesem Grund veranstaltete die PH Tirol in Kooperation mit der Bildungsdirektion Tirol und dem Tiroler Kulturservice den Schwerpunkttag „Doing Democracy – Kritische Medienbildung im digitalen Zeitalter“ als Auftakt-Veranstaltung für eine neue Reihe. Das Highlight des Programms bildete der Besuch von ORF-Moderator Tarek Leitner.
Am Nachmittag gab Tarek Leitner rund hundert Schüler:innen der Praxismittelschule Einblicke in den Journalismus, beantwortete zahlreiche Schüler:innen-Fragen, etwa zur Rolle der APA für den ORF oder zu Hoppalas in Live-Sendungen, und nahm an einem Word Rap teil.
In der Abendveranstaltung mit Vortrag, Podiumsgespräch und Publikumsfragen fesselte der ORF-Moderator die Zuhörer:innen mit einem Plädoyer für einen starken, unabhängigen Journalismus, ohne den Demokratie nicht bestehen kann. „Demokratie zeigt sich vor allem darin, dass man eine:n Machthaber:in abwählen kann. Dazu braucht es Fakten. Medien übernehmen die Aufgabe, diese bereitzustellen. Nur dann können sich die Menschen ein Urteil über die Regierenden bilden, und dementsprechend bei der nächsten Wahl handeln. Wir brauchen ein Fundament an gemeinsamer Wirklichkeit, auf der aufbauend wir unsere Entscheidungen treffen“, so Tarek Leitner in seinem Vortrag. Der Journalist sprach außerdem über Herausforderungen für und Aufgaben von Medien im digitalen Zeitalter angesichts von Social Media, Unkenntnis über Journalismus und einem Vertrauensverlust in etablierte Medien.
Der ORF-Moderator Tarek Leitner vermittelte anschaulich, wie (Qualitäts-)Journalismus arbeitet. Dabei legte er beispielsweise dar, wie sich Meinung und Halbwahrheiten von kuratierter Information, also in Redaktionen diskutierter, geprüfter und möglichst ausgewogener Darstellung von Wirklichkeit, unterscheiden. „Eine zentrale Aufgabe von Medien ist es, aus dem großen Angebot an Information Relevantes ausgewogen auszuwählen, zu prüfen, dessen Darstellung zu diskutieren und von verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Das bedeutet, redaktionelles Arbeiten braucht Zeit, ist also nicht effizient, sehr wohl aber – angesichts der Verlässlichkeit und Güte – äußerst effektiv”, so der Journalist.
Eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe sieht ORF-Moderator Tarek Leitner in der kritischen Medienbildung an Schulen, insbesondere in der Vermittlung eines Grundlagenwissens über Journalismus, das die Idee von Demokratie und die zentrale Rolle von Medien als ihre treibende Kraft angemessen verständlich macht. Für einen starken Journalismus seien nämlich zwei Zugänge wesentlich: einerseits kritische Medienbildung, insbesondere Aufklärung über Journalismus, Medien und Demokratie als Aufgabe von Schule. Andererseits eine Politik, die sich für starke und unabhängige Medien einsetzt.
Vier begleitende Workshops rund um kritische Medienbildung mit Bezug zur Schule
In vier Workshops vertieften und umrahmten Expert:innen das Thema kritische Medienbildung im digitalen Zeitalter mit Blick auf die Schulen. Thomas Neuwirth, Thomas Stornig und Lukas Witting zeigten praktische Methoden zur kritisch-reflexiven Arbeit mit Massenmedien von TikTok bis zur Zeitung in der Volksschule auf, Susanne Reitmaier-Juarez gab Auskunft zum politischen Informationsverhalten Jugendlicher und Sabrina Gerth diskutierte Möglichkeiten zum Umgang mit Fake News im Unterricht aller Schularten. Benedikt Kapferer, Journalist beim ORF Tirol und Autor des Buchs „Das Mikrofon im Dorf. Die Geschichte des Radios in Tirol“, gab Einblicke in die Arbeit und Bedeutung des Regionaljournalismus in Tirol mit Anwendungsbeispielen für die Schule.
Insgesamt nahmen rund 350 Personen an den Veranstaltungen des Tages teil.