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Tervetuola in Helsinki! (Melina Angermair)

Tervetuola in Helsinki! (Melina Angermair)

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Mein Erasmus-Semester in der finnischen Hauptstadt

Bevor ich zu meinem Auslandssemester nach Finnland aufgebrochen bin, hatte ich einige Sorgen: Was, wenn es mir dort nicht gefällt? Was, wenn die Leute mich nicht mögen? Was, wenn ich die Uni nicht schaffe? Nachdem Finnland eines der höchst angesehensten Länder im Bereich Bildung und Bildungssysteme in Europa und die Lehrer:innen-Ausbildung bekanntlich anspruchsvoll ist, waren diese Sorgen natürlich gerade im Bezug auf die Uni berechtigt. Dazu fragten mich die Leute zuhause, wieso ich gerade in den Norden möchte, wo es „ja kalt ist“ – und „das gerade im Winter“.
Helsinki war zwar nicht meine erste Wahl für das Erasmus Programm, jedoch war es die richtige Wahl. Das Bildungssystem war für mich von Anfang an beeindruckend, doch wie sich mit der Zeit herausstellte, war es nicht nur das, was mich an Finnland faszinierte.
Die Ankunft in Helsinki war sehr angenehm, ich durfte mit meiner Studienkollegin, die ihr Auslandssemester auch in Finnland geplant hatte, gemeinsam direkt von Innsbruck nach Helsinki fliegen. Von Januar bis März gibt es nämlich Direktflüge von Innsbruck - perfekt für einen Umzug. Am Flughafen haben wir dann noch eine dritte Kollegin von der Uni Innsbruck kennengelernt, die sich uns dann angeschlossen hat. Da die Öffis in Helsinki sehr gut ausgebaut sind, war auch der Transport vom Flughafen zum Hauptbahnhof kein Problem. Von dort aus waren es dann noch zehn Minuten zu Fuß zum Studentenwohnheim „Domus Academica“, kurz „Domus“. Dort angekommen, durfte ich mich im 6. Stock auf 20 Quadratmeter für das restliche Semester einrichten. Die Wohnung war zwar sehr klein, hatte aber alles, was man zum Leben brauchte: eine eigene kleine Küche, ein Bad und einen Wohnraum mit großem Fenster. Dazu gab es noch einen Cleaning-Service, der in der Miete inkludiert war, aber nur alle zwei Wochen vorbeischaute. In meinem Zimmer gab es ein paar Möbel, jedoch keine weiteren Utensilien. Diese mussten wir leider alle komplett neu besorgen. Vor allem das Besorgen der Küchenausstattung war etwas mehr Aufwand. Zum Glück haben die Finnen in ganz Helsinki aber Second-Hand Läden für gefühlt alles, deshalb gab es auch Töpfe und andere Haushaltsartikel günstig zu erwerben.
So vergingen die ersten Wochen wie im Flug und wir lernten auch schnell einige Leute kennen. Im Gang, in der Lobby, in der hauseigenen Sauna von Domus, oder sogar im „Laundry Room“. Dazu waren wir noch Mitglieder einer Tutoren-Gruppe mit zwei Finninnen (Nea & Elina), die uns zu unserer Fakultät „Minerva“ begleiteten, uns Exchange-Students untereinander vorstellten und hin und wieder etwas mit uns unternahmen. WhatsApp Gruppen, ESN Veranstaltungen und klassische Uni Partys halfen dem Ganzen noch auf die Sprünge. Leider war es bis Mitte Februar außerhalb des Heimes schwierig, Freundschaften zu schließen, da alle öffentlichen Räume, Cafés, Bars, etc. gesperrt waren. Ab der zweiten Februar-Hälfte war aber zum Glück alles wieder möglich. So konnten wir uns dann schnell einen Freundeskreis aufgebauen und dadurch auch Leute von den anderen Universitäten im Umfeld kennenlernen. Bald kannten wir so gut wie alle internationalen Erasmus-Studentinnen und -Studenten im Heim und rundherum in Helsinki.
Die Uni startete dann mit den Kursen nach der Einführungswoche ab dem 19.01. – aber leider nur online. Das zog sich so bis Ende März dahin, erst dann gab es die ersten Präsenzveranstaltungen, die wir natürlich dann mit großer Freude besuchten. Die Kurse waren zwar interessant, jedoch leider wenig praxisnah. Ich durfte einiges an Theorie neu lernen und konnte auch viel vom finnischen Bildungssystem mitnehmen, die praktische Umsetzung jedoch habe ich etwas vermisst. Das Gebäude der University of Helsinki ist dafür unglaublich groß, modern und schön. Die Hörsäle sind mit großen Leinwänden und Mikrofonen ausgestattet, die Professorinnen und Professoren sprechen durch Freisprechanlagen oder ebenfalls Mikros – ein richtiges Universitäts-Gefühl wie aus dem Film. Durch die COVID-Situation wurden alle Kurse auch hybrid angeboten, was einige Studentinnen und Studenten nutzten und sich ohne Probleme online dazuschalteten. Das Studentenleben in Finnland oder generell in den nordischen Ländern ist unglaublich. Es gibt so viele Rituale, Gilden und Traditionen, sowie spezielle Feiertage, die nur für Studenten und Studentinnen gedacht sind. Ein besonderes Ritual ist das Tragen ist der Studenten-Overalls. Jede Fakultät besitzt ihre eigene Farbe und auf jeder Party oder Veranstaltung gibt es einen Badge, der aufgenäht werden kann. Somit besitzt jede Studentin und jeder Student einen farbenfrohen Overall, den er/sie zu allen möglichen Events tragen kann. Durch die gesammelten Badges wird er dann umso bunter und schöner. Ein besonders spannender Feiertag war der 1. Mai („Vappu“), an dem die Statue am Hafen von Studentinnen und Studenten geputzt wird und ein großes Festival organisiert wird. Dort konnen wir auch sehr viel über die finnische Kultur lernen.
Da ich bekanntlich ein großer Sport-Fan bin und in meiner Freizeit sehr viel laufe und langlaufe, kam auch Sport in Helsinki für mich nicht zu kurz. Im Winter konnte man zwar nur mit Spikes an den Sohlen durch die Stadt laufen, wenn man diese aber besaß, konnte man sich problemlos fortbewegen. Bei minus 14 Grad ist das Training dann doch etwas anders als zuhause, das schöne Flair im verschneiten Helsinki war jedoch einmalig. Falls es mir mal zu kalt war, ging ich im leistbaren Uni-Fitnessstudio aufs Laufband. Das Langlaufen wurde im Winter jedoch zu meinem Lieblingshobby. In der ganzen Stadt (Parks), im Olympiastadion oder 50 Minuten mit dem Bus entfernt (Paloheinä) gab es unzählige Loipen, die auch noch gratis zur Verfügung standen. Dass ich meine eignen Langlaufski dabei hatte, war  natürlich optimal. Generell sind Wintersportarten in Finnland für alle kostenlos, solange man eine eigene Ausrüstung besitzt. Dazu gehören auch öffentliche Eislaufplätze neben den Loipen. Somit war Helsinki für mich ein Paradies, was Wintersport betraf. Als es dann im April etwas frühlingshafter wurde, nahm ich am HCRD (Helsinki City Running Day) Halbmarathon teil, der sich durch die ganze Stadt erstreckte. Meine Freunde aus Helsinki waren dabei eine große Unterstützung und feuerten mich im Stadion an.

Während des Winters machten einige Freunde und ich auch einen Trip mit ESN nach Lappland. Die Uni war zwar intensiv, aber zeitlich so gut getimt, dass auch für einige Reisen Zeit war. Nach Lappland zu reisen war eine der schönsten Erfahrungen, die ich in meiner Erasmus-Zeit machen durfte. Ich wuchs mit meinen Freundinnen und Freunden immer mehr zusammen, lernte dort auch neue Leute kennen, lernte etwas über die Sami-Kultur, sprach mit den Locals und hatte sogar die Chance, Rentiere zu füttern, eine Husky-Schlittenfahrt zu machen und mit dem Schneemobil durch die Wälder zu fahren. Neben dieser kleinen Reise besuchte ich noch oft am Wochenende die größeren Städte rundherum um Helsinki wie Tampere, Turku oder Lahti, wo wir uns auch die Ski-Games als Österreich-Fans anschauten, sowie zu richtigen Eishockey-Kennerinnen wurden.
Im Laufe der Zeit habe ich mich so gut eingelebt, dass auch das Sauna gehen Teil der täglichen Routine wurde. So endete ein Tag meistens in der Sauna mit meinen Freundinnen und Freunden – danach gingen wir oft noch in ein Restaurant oder in eine Bar. Dort war es auch realtiv einfach, Einheimische kennenzulernen.

Helsinki bzw. Finnland generell ist jedoch leider ein teures Pflaster. Auch wenn es für Studentinnen und Studenten einige Rabatte gibt, sind die Lebenserhaltungskosten sehr hoch. Zum Glück hatte ich einiges gespart, ansonsten wäre der Aufenthalt mit der hohen Miete wahrscheinlich schwer leistbar gewesen.


Was mich neben der Kultur und der Landschaft an Helsinki noch so faszinierte, war die Größe der Stadt. Helsinki ist eine relativ kleine Stadt, ich konnte doch fast alles zu Fuß erreichen. Dadurch fühlte ich mich schnell zuhause und hatte auch bald einen guten Überblick. Ich kannte nach kurzer Zeit alle Stationen, sogar einige Straßennamen – Helsinki ist für mich einfach zu einer zweiten Heimat geworden. Die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, waren unglaublich offen und hilfsbereit, ich habe definitiv Freundinnen und Freunde fürs Leben gewonnen und ein internationales Netzwerk in ganz Europa aufgebaut. Ich würde diese Erfahrung für nichts auf der Welt eintauschen wollen und bin froh, dass ich Teil dieses Programms sein durfte. Ich kann jedem nur empfehlen, ein Erasmus Semester zu machen, denn es lohnt sich. Ich habe das Gefühl, persönlich noch mehr gewachsen zu sein und ich bin weltoffener und glücklicher geworden. Auch wenn es anfangs Schwierigkeiten gab, hatte sich sämtliche Problem früher oder später aufgelöst und ich konnte die restliche Zeit definitiv genießen. Durch die Erfahrung in Finnland bin ich auch ein Fan der Nordic Countries geworden und möchte diese in naher Zeit erkunden. Vielleicht ergibt sich die Chance ja für eine zweite Erasmus-Mobilität in einem dieser Länder… wer weiß!