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Am Samstag, den 18.11.2023, wurden im Rahmen einer Bundestagung an der PH Tirol konkrete Möglichkeiten für einen diversitätssensiblen Deutschunterricht vorgestellt. Rund hundert Teilnehmer:innen aus ganz Österreich waren – in Präsenz und online – an die PH Tirol gekommen. Seit 2022 bündelt die Tiroler Hochschule ihre Expertise im Bereich des Deutschunterrichts in der Volksschule im Auftrag des Bildungsministeriums in Form eines Bundessschwerpunkts. Die Tagung am Samstag fand zum Abschluss der Diversitätswoche der PH Tirol statt.
Rektorin Regine Mathies weist auf die große Bedeutung von Diversität an der PH Tirol hin: „Diversität als zentrales Handlungsfeld an unserer Hochschule bedeutet, diesem Thema Raum zu geben, es mit Fachkompetenz zu bearbeiten und mit bewusster Sensibilität zu leben. Eine aktive, differenzierte, theoriegeleitete und praxisorientierte Gestaltung von Diversität in allen Bereichen unserer gemeinsamen Arbeit an der PH Tirol steht im Zentrum unseres Wirkens. Dies gilt für unseren Hochschullalltag genauso wie für spezifische Schwerpunkte, die z.B. mit der Diversitätswoche oder in spezifischen Lehrveranstaltungen zu Diversität, Inklusion oder sozialen Ungleichheiten, gesetzt werden. Eine eigene Fachstelle für Gender- und Diversitätskompetenz unterstützt zudem diese Anliegen fokussiert.“
Tagung „Möglichkeiten für einen diversitätssensiblen Unterricht“ im Rahmen des Bundesschwerpunkts der PH Tirol im Fach Deutsch
Im Rahmen des Bundesschwerpunkts Fachdidaktik Deutsch Primarstufe – in dem die Expertise zum Thema im Auftrag des BMBWF gebündelt, weiterentwickelt und österreichweit vermittelt wird – fand die Tagung „Möglichkeiten für einen diversitätssensiblen Unterricht“ am 18.11.2023 von 9 bis 17 Uhr an der PH Tirol statt. In den Keynotes und Workshops richtete sich die Veranstaltung an all jene Lehrpersonen, Schulleiter:innen, Dozierende, Studierende und weitere Expert:innen, die sich selbst, ihren Unterricht und ihre (Hoch-)Schule diversitätssensibel weiterentwickeln wollen.
Julia Festman, die an der PH Tirol die Professur für Mehrsprachigkeit inne hat und den Bundesschwerpunkt Fachdidaktik Deutsch Primarstufe sowie das Language Lab im Rahmen des InnAlp-Projekts leitet, hat die Tagung mit ihrem Team organisiert: „Die Tagung wollte die Teilnehmer:innen für eine diversitätssensible Sprache und entsprechend adäquates Verhalten sensibilisieren. Es wurde aufgezeigt, wie zentral das Wahrnehmen der Vielfalt der Kinder und ein produktiver Umgang damit im Unterricht sind, um alle Kinder zu fördern, ihr Selbstkonzept und die Klassengemeinschaft zu stärken. In einer solchen lernförderlichen Atomsphäre können Bildungssprache und fachspezifische wie auch soziale Kompetenzen im Wechsel zwischen Plenums-, Einzel- und Kleingruppenarbeit gezielt verbessert werden. Unterschiedlichkeit in Leistungsstand und -potential hat es in jeder Klasse beispielsweise schon immer gegeben; heute werden noch andere Unterschiedlichkeiten wahrgenommen, wie z.B. die Lernzugänge der Kinder.“
Handlungsmöglichkeiten für den Umgang mit Diversität in der Primarstufe aufzeigen
Neben Keynotes von Ulrike Stadler-Altmann von der Humboldt Universität zu Berlin und Julia Festman von der PH Tirol wurden in Workshops vielfältige konkrete Möglichkeiten aufgezeigt, wie Diversität im (Deutsch-)Unterricht berücksichtigt und diversitätssensibler Unterricht umgesetzt werden kann. Ausgehend vom Wahrnehmen der Vielfalt und deren Reflexion hin zum Thematisieren der Diversität wurde vermittelt, wie Unterricht adäquater gestaltet werden kann: einerseits, indem Vielfalt überhaupt sichtbar gemacht wird und andererseits, indem produktiv mit dem Thema und der Vielfalt der Kinder umgegangen wird. Die Keynotes und Workshops stellten grundlegende Ansätze vor und sollten als Inspiration für den Unterricht dienen.
Grundsteine eines diversitätssensiblen Unterrichts - Keynote von Julia Festman
Beim diversitätssensiblen Unterrichten wird das Beobachten und Wahrnehmen von Diversität in der Klasse kombiniert mit einem Aufgreifen und Einbeziehen dieser Diversität in das Unterrichtsgeschehen. Dabei agiert die Lehrperson als Sprachvorbild, und zwar nicht nur, um sprachförderlich zu handeln, sondern auch indem sie achtsam mit Sprache umgeht. Lehrer:innen schaffen einen sprachintensiven, kommunikativen Unterricht, der die Redezeit und die aktive Unterrichtsbeteiligung aller Schüler:innen sowie ein gemeinsames Lernen deutlich erhöht. Dies gelingt zum einen durch das aktive Einbeziehen von individuellen Vorkenntnissen, zum anderen durch gezielte Förderung der Bildungssprache und durch das Eingehen auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder. Mit der Wahrnehmung und einem produktiven Einbeziehen von Vielfalt in den Unterricht soll ein Deutschunterricht anvisiert werden, der die Kinder mit all ihrem Wissen und ihren Facetten einbindet.
Workshops
Möglichkeiten und Herausforderungen der Individualisierung im Anfangsunterricht Deutsch vermittelten Andrea Raggl und Klaudia Kröll in ihrem Workshop. Weitere Workshops fanden zur Förderung von Lese- Schreib-, Handschreib- und Hörkompetenz statt: So stellte Christine Reiter die Arbeit mit dem Lesefächer vor, Birgit Gasser das Geschichtenhaus, Sabrina Gerth die Arbeit mit dem „Wunderstift“ und Julia Festman jene mit dem Hörstift. Im Workshop von Franz Kaslatter wurde Sprachförderung durch gezielt vereinfachte Märchen, wie sie in den EasyGrimm-Büchern enthalten sind, thematisiert. Daniela Klingler führte in das Thema Vielfalt im Bilderbuch ein.
Alexandra Madl, die an der PH Tirol die Fachstelle für Gender- und Diversitätskompetenz leitet, stellte in ihrem Workshop gemeinsam mit Sandra Buchschwenter im Rahmen der Tagung die Arbeit mit Gender- und diversitätssensibler Kinderliteratur vor: „Die Reflexion von Geschlechterbildern ist ein wichtiges Ziel im Unterricht. Schüler:innen werden dazu zu angeregt, sich kritisch mit den tradierten Geschlechterstereotypen auseinanderzusetzen. Die Entfaltung individueller Interessen, Begabungen und der Persönlichkeit unabhängig von Zuschreibungen über Geschlecht ist zentral für eine gelingende psychosoziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Kritische Geschlechterpädagogik und Gleichstellung sind seit über zwanzig Jahren rechtlich bindend in den Unterricht auf allen Schulstufen zu integrieren.“
Insgesamt fanden fast zwanzig Workshops zum Thema statt.
Podiumsdiskussion
In der abschließenden Podiumsdiskussion wie auch im persönlichen Gespräch mit vielen Lehrer:innen und Expert:innen, hat sich gezeigt, dass die Bewusstmachung und Reflexion des eigenen Sprachgebrauchs wie auch der eigenen Diversitätsaspekte, z.B. der inneren und äußeren Mehrsprachigkeit, wichtig sind, um sich in der Schulgemeinschaft und Gesellschaft zu verorten. Diversitätssensibles Unterrichten ist in jedem Schulfach wichtig – hierfür konnten die Teilnehmer:innen ausgehend vom Deutschunterricht und der Sprache vielfältige, konkrete Ideen, Materialien und Impulse für sich und ihre Unterrichts- und Lehrpraxis mitnehmen.
Diversitätswoche an der PH Tirol
Mit vier Veranstaltungen wurde an der PH Tirol Mitte November ein Schwerpunkt zum Thema Diversität gesetzt: Eine interdisziplinäre zweitägige Tagung, organisiert von Simone Baumann (PH Tirol) reflektierte Heterogenität multiperspektivisch, im Rahmen des PHT-Kinos wurde der Film „Herr Bachmann und seine Klasse“ gezeigt, eine Podiumsdiskussion mit Silvia Pixner, Julia Festman, Florian Jäger, Seda Kos und Katharina Sieberer-Nagler und moderiert von Andrea Raggl widmete sich Wegen im Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Schule und schließlich wurden am Samstag, den 18. November konkrete Möglichkeiten für einen diversitätssensiblen Deutschunterricht im Rahmen der gleichnamigen Tagung diskutiert.