Aktuelle Studie zeigt die Sicht der Kindergartenleitungen
Bildungseinrichtungen mit großer sprachlicher und kultureller Vielfalt stehen immer wieder im Fokus der Diskussion über Migration, Integration, Bildungsbenachteiligung und Chancengerechtigkeit. Während die einen von „Brennpunktkindergärten“ sprechen, betonen die anderen die Bereicherung durch „Multi-Kulti“. Die Sicht der Leitungen von Kindergärten, deren Anteil an Kindern mit Deutsch als Zweitsprache 50% oder mehr beträgt, ist in dieser Diskussion von großer Bedeutung und wurde nun erstmals in einer gesamten österreichischen Region – den Bundesländern Tirol und Vorarlberg – im Rahmen der Studie „Zwischen Brennpunktkindergarten und Multi-Kulti-Ideologie: Kindergärten mit großer sprachlicher Vielfalt“ – erhoben (Grundgesamtheit: 72 Kindergärten, Rücklaufquote 75% (n=54), Dauer: 1/2021 – 1/2022).
Die Ergebnisse zeigen, dass eine große Mehrheit mit dem Wohlergeben der Kinder, mit dem Betriebsklima, mit Anzahl und Qualifikation des Personals und mit der Zusammenarbeit mit Familien zufrieden sind. Gleichzeitig zeigen sich über 40% der befragten Leitungskräfte mit der Entwicklung der Kinder bei der kognitiven, der sprachlichen und insbesondere bei der sozial-emotionalen Entwicklung unzufrieden. Und was die Schulreife anbelangt, gaben etwa 40% der LeiterInnen an, dass sie bei nicht einmal der Hälfte der Einschulungskinder ein gutes Gefühl hätten. In Bezug auf das Erlernen der Mehrheitssprache Deutsch sehen rd. 90% der Leitungen in ihrem Kindergarten das Problem, dass manche Kinder wenig Kontakt zu Kindern mit Deutsch als Erstsprache pflegen, manche Eltern selten aus deutsch- oder zweisprachigen Bilderbüchern vorlesen und manche Eltern wenig Kontakt zu deutschsprachigen Eltern haben.
Die StudienautorInnen Dr. Bernhard Koch (PHT) und Dr. Eva Frick (PHV) empfehlen auf Basis der Ergebnisse in der Migrationspolitik den Faktor „Bildung“ vermehrt zu berücksichtigen, die Ressourcen für Kindergärten mit großer sprachlicher und kultureller Vielfalt und niedrigem sozioökonomischem Status der Eltern zu erhöhen und gleichzeitig jene Familien zu fordern, die sich der Sprache und Kultur der Mehrheitsgesellschaft in unangemessener Weise verschließen. Vermehrte hochschulische Angebote für die Aus- und Fortbildung des Personals im Bereich „Entwicklungsförderung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf“ könnten bei geeigneten Rahmenbedingungen (z.B. ausreichend Personal in den Einrichtungen, angemessene Bezahlung) helfen, Ungleichheiten im elementaren Bildungsbereich zu verringern.
Koch, B. & Frick, E. (2021). Zwischen Brennpunktkindergarten und Multi-Kulti-Ideologie. Tirols und Vorarlbergs Kindergärten mit großer sprachlicher Vielfalt. Die Sicht von Kindergartenleitungen - Kurzbericht. Innsbruck, Feldkirch: Pädagogische Hochschulen Tirol und Vorarlberg. URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-237526 - DOI: 10.25656/01:23752 https://www.pedocs.de/volltexte/2021/23752/pdf/Koch_Frick_2021_Zwischen_Brennpunktkindergarten.pdf
Quelle: APA-Pressemitteilung